Raimund Harmstorf (gest. 1998 / lit an Parkinson)- Sein Lebensende ist mit dem Wolf Larsons eng verknüpft. War der scheiternde Übermensch nicht nur seine Rolle?

DER SEEWOLF
 
Fernsehfilm von 1972 in 4 Teilen - 360 Minuten
 
Jetzt neu: DVD Spielfilmversion, 185 Minuten.

Letzte NEWS: Der original 4 Teiler ist nun
erstmals auf DVD ver�ffentlicht worden!

 

Was ist das
"Der Seewolf"?

Fast jeder der in den 70er Jahren aufgewachsen ist kennt diesen Film, die BRAVO war voll mit Berichten über die Hauptdarsteller, ja ein wahrer Kult entstand um sie. Franz Seidenschwan -der jungendliche Weyden - war der erklärte Mädchenschwarm der hunderte von Fanbriefen bekam.

Kaum vorstellbar ist das heute, wenn man sich die alten Bravo Berichte ansieht, und die Fotos der damaligen Star's. Ungeschminkt, zottelig und pickelig sahen die aus - und trotzdem zieht einen die Geschichte des Seewolfs auch heute noch in Ihren Bann. Wenn man etwas Glück hat und eine der wenigen Ausstrahlungen im öffentlichen Fernsehen erblickt. Durchschnittliche alle 6 Jahre flimmert Larson noch über heimische Bildschirme. Und vor 15 Jahren das letzte mal im Abendprogramm, damals war ich erst 12, und sah das erste mal diesen Film. Einen Film der einen nicht mehr losläßt, diese schicksalhafte Geschichte des Übermenschens Wolf Larson. Er scheint unbezwingbar, unangreifbar zu sein. Seine Worte durchschneiden jede Diskussion, seine Standpunkte sind durch unser soziales Wertegefüge nicht angreifbar, er ist der Antichrist schlechthin, und sein Gegner selbst bewundert ihn - das Publikum liebt Ihn.
Die heutige Jugend mag wohl später im Terminator einen ähnlichen Helden gefunden haben, doch versprüht diese Rolle keine Intelligenz, ist eine dumpfe Kampfmaschine die bemüht ist zu Helfen. Jack Londons Wolf Larson ist eine einzigartige Figur - und ich würde mir wünschen mehr Menschen könnten heute diesen Film noch sehen.

Die starke Geschichte des Seewolfs selbst litt immer am schlechten Ende des Romans von Jack London. Nicht Wolf Larsons Ende ist der schwache Punkt, sondern die ungeschickte Liebesbeziehung Weydens mit Maud Brewster, und die detaillierte Beschreibung der Reparaturarbeiten an der Ghost flachen die Geschichte endgültig ab.

Walter Ulbricht war sich dieser schwächen sehr wohl bewußt, und hatte eine geniale Idee. Warum nicht mehrere Jack London Bücher zu einer Fernsehkurzserie vereinen - die sich alle um das zentrale Buch "Der Seewolf" anordnen lassen? Die Gesamten Erzählungen aus der Jugendzeit, der qualvolle Marsch durch das Land der kleinen Zweige und die Suche nach Wolf Larson auf der Schatzinsel - all diese Geschichten stammen eigentlich aus anderen Jack London Büchern, und wurden kunstvoll vereint.

Als ich den Film mit 12 Jahren das erste mal sah ließ mich die Geschichte wochenlang nicht mehr los. Unbedingt wollte ich das Buch dazu lesen... und war leider nur wenig begeistert von dieser - für mich - gekürzten Fassung. Ein Original Buch zum Film gibt es leider nicht. Trotzdem spielte ich als Junge damals oft mit dem Gedanken mir selbst später ein Schiff kaufen zu wollen, um über die Weltmeere zu segeln und Larson‘s und Weyden‘s Südseeabenteuer weiterspinnen zu können. Nun, dazu kam es noch nicht :-)

Erst vor kurzem konnte ich den Seewolf nun das 2 mal sehen... unglaubliche 15 Jahre sind vergangen dazwischen, und ein oder zwei andere Ausstrahlungen im Nachmittagsprogramm hatte ich wohl verschlafen. Wenn ich Freunden von diesem Film erzähle, dann kennt ihn niemand, nur wenige sind dazu zu bewegen sich den 4 Teiler mit mir anzusehen. Heutzutage sind 90 Minuten Filme gerade noch tragbar, und später dann Teil 2, Terminator 3, Alien 4 usw... aber kein 6 Stunden Mammutfilm dessen Farben noch dazu nach 70er Jahren riechen. Doch meine Idee wurde jetzt geboren....

 
     
Die Neufassung

Die Idee ist einfach: "Dieser herausragende Vierteiler muß in einen Film gepackt werden, damit ich mehr Leute dazu bringen kann sich das mal anzusehen"

Die Moderne Technik macht es möglich diese auch privat auf höchstem Niveau zu realisieren. In etwa 100 Arbeitsstunden habe ich die 4 Teile - (die vom digitalen TV auf DVD aufgezeichnet wurden) - gekürzt, etwa 1600 Szenen aneinandergefügt und nahtlos in einen Film von ca. 185 Minuten umgewandelt. Richtig, das ist immer noch ein Film mit Überlänge, aber ich wollte auf keinen Fall die Story beschneiden oder kürzen. Behutsam wurde nur dort etwas weggenommen wo eine Erklärung nicht nötig war, oder sich die Handlung in abschweifende Erklärungen einließ. Der 4 Teil mit seinen langwierigen Suchszenen im Dschungel mußte hier am meisten Federn lassen, der Rest wurde fast nicht berührt, Leerlaufszenen wurden früher abgeschnitten, und der Ton für nahtlose Übergänge meist über die Schnitte neu gemischt - aber brutale Szenen wie der abgebissene Fuß des Koches wurden nicht zensuriert. Noch dazu erhielt der Film ein leicht alternatives Ende. An einem Abend ist der Film aber nun leicht anzusehen.

 
       
Kontakt, und mehr Informationen über die Neufassung könnt ihr hier bekommen.

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Synopsis des Filmes Am 18. Februar 1906 wird die Dampffähre "Martinez" in der Bucht von San Francisco von einem Schiff unbekannter Herkunft gerammt. Einer der Überlebenden ist der Schriftsteller Humphrey van Weyden, der von einem auslaufenden Robbenfänger an Bord genommen wird. Es ist die "Ghost". Ihr Kapitän Wolf Larsen - wegen seiner Härte "Seewolf" genannt - behält den Geretteten kurzerhand an Bord und teilt ihn zum Kajütendienst ein. Weyden ist einer Kette von Demütigungen ausgesetzt, bei denen sich vor allem der Schiffskoch Mudrige hervortut. Rohheit und Gewalt herrschen überall auf dem gespenstischen Schiff, das zugleich von seinem Kapitän mit Rohheit und Gewalt beherrscht wird.

Aber dieser Kapitän hat auch eine andere Seite. Er liest. Unter seinen Büchern findet Weyden ein altes abgegriffenes Lexikon. Und jetzt dämmert es ihm, jetzt begreift er, er kennt diesen Mann.

Sie waren damals 16 und Freunde. Aber während er, Humphrey van Weyden, aus einem begüterten Haus stammte, aus einer intakten Welt, war Wolf Larsens Zuhause das Armenviertel von San Francisco, die Slums. Mit beispielloser Zähigkeit paukte sich der Junge, der nie eine Schule besucht hat, aus einem alten Lexikon Wissen ein. Er will hochkommen. Er will das trockene Brot seiner Armut mit Speck belegen.

Kein Zweifel, der Kapitän der "Ghost" ist jener Junge aus den Slums von San Francisco. Aber während Weyden sich jetzt genau an ihn erinnert, zeigt sich in den Augen des anderen kein Zeichen des Wiedererkennens. So zögert auch Weyden, an das Vergangene zu rühren. Sie bleiben wie zwei Fremde, die sich hier an Bord zum ersten Mal begegnen. Aber eine Art geistiger Vertrautheit verbindet sie, die Weyden dazu verführt, in der Seele des anderen zu wühlen, bis der ihn niederschlägt. Ein Mann, wie dieser Kapitän, für den das Leben nur ein Gärungsprozess zwischen Geburt und Tod ist, der keinen Glauben besitzt und keine Hoffnung auf die Unsterblichkeit der Seele und dem die Natur zugleich eine fast übermenschliche Kraft verliehen hat, ist, wie ein reißendes Tier, eine ständige Gefahr.

(Kurzbeschreibung des Filmes von ZDF.de)

 
     
Weiterführende Links

Tod von Raimund Harmstorf - Schicksal des Seewolfs mit dem Darsteller verknüpft?

Biografie - Raimund Harmstorf

Weitere DVD's mit Harmstorf

Franz Seidenschwan - Der Mädchenschwarum von '73

Bravo Interview - Harmstorf und Meeks

Bravo Geschichte - Edward Meeks, der stille Held

Darsteller und Sprecher des 4 Teilers

Weitere Filme mit Edward Meeks

 
     

Harmstorf's Ende

Süddeutsche-Zeitung Magazin, Nr. 25, 21.06.2002, S. 20-25

GUDRUN STAEB, 46, FRÜHERE LEBENSGEFÄHRTIN VON RAIMUND HARMSTORF. ER ERHÄNGTE SICH AM 3. MAI 1998, EINEN TAG, NACHDEM BILD BERICHTET HATTE: »SEEWOLF RAIMUND HARMSTORF IN DER PSYCHIATRIE«.

Der Freitagabend bevor sich Raimund das Leben nahm, war seit langer Zeit mal wieder ein schöner Abend für uns. Ich hatte eingekauft, das Haus beheizt, einfach alles wieder ein bisschen in Gang gebracht. Am nächsten Tag wollten wir über das Wochenende an den Bodensee fahren. Um ein bisschen Abstand zu gewinnen und uns anzuschauen, was wir liebten: Wasser und Segelschiffe. Wir hatten den Monat davor beide in Kliniken verbracht. Am 5. April war ich wegen eines äußerst schmerzhaften und komplizierten Bandscheibenvorfalls in das Krankenhaus eingewiesen worden; am nächsten Morgen wurde Raimund mit einer Medikamentenvergiftung eingeliefert. Er hatte Parkinson und seine größte Angst war, dass es jemand bemerken würde. Denn der Seewolf durfte kein Parkinson haben. Der musste mit einer Hand eine rohe Kartoffel zerdrücken können.

Deshalb nahm er Medikamente, die Parkinson-Symptome, wie das Zittern, unterdrückten. Und er nahm wahrscheinlich viel zu viel - immer, wenn er dachte, er würde mit Menschen zusammentreffen, selbst bevor er einkaufen wollte. Das ging seit vielen Monaten so und Raimunds ganzes Wesen hatte sich verändert. Er war gehetzt und getrieben. Erst nachdem er in die Klinik eingeliefert worden war, erfuhr ich von den Nebenwirkungen der Medikamente: Angstzustände, Wahnvorstellungen, Psychosen. Deshalb ist er, auch als die akute Vergiftung schon ausgestanden war, freiwillig in klinisch-psychiatrischer Behandlung geblieben. Nach vier Wochen ging es ihm wesentlich besser und er durfte das Krankenhaus für ein Wochenende verlassen. Ich bin am selben Tag aus der Klinik entlassen worden und habe ihn abgeholt. Wir sind nach Hause gefahren, haben uns vor den Kamin gesetzt und viel geredet. Irgendwie schien er nach den Monaten, in denen er von seiner Angst, entdeckt zu werden, fast besessen war, wie erlöst. Er hatte sein Gleichgewicht wieder ein wenig gefunden und ich schöpfte Hoffnung, dass wir diese wirklich schwierige Zeit ausgestanden hätten. Doch ich irrte mich.

Am nächsten Morgen klingelte es. Ich war gerade im Badezimmer, also machte Raimund die Tür auf. Kurze Zeit später kam er die Treppe nach oben gerannt, total außer sich, und hielt mir die Kopie der ersten Bild-Seite entgegen: »Seewolf Raimund Harmstorf in der Psychiatrie«. Auf einer anderen Seite, ebenfalls kopiert, kam dann ein kurzer Abriss seines Lebens, zusammengeschrumpft auf Unfälle und persönliche Niederlagen. »Mit aufgeschnittenem Handgelenk aufgegriffen«, stand da und noch ein paar Sachen, die einfach gelogen waren. Ein Reporter von der Bunten hatte diese Kopien gebracht - warum Kopien, weiß ich auch nicht -, aber Raimund sagte nur: »Das kann doch nicht wahr sein, das muss ein schlechter Scherz sein.« Es klingelte noch einmal; diesmal machte ich auf. Wieder stand dieser Mensch vor der Tür, mit der Bild unterm Arm, und er sagte: »Herr Harmstorf hat mir nicht geglaubt. Deshalb hier das Original.«

Das Telefon klingelte jetzt ununterbrochen, Journalisten riefen an, um mit Raimund zu sprechen. Er riss den Stecker aus der Wand, dann steckte er ihn wieder rein, weil vielleicht ein Freund oder Bekannter anrufen würde. Ich weiß noch, wie er zu einem sagte: »Das ist doch mein Todesurteil.« Raimund hatte die Vorhänge runtergelassen, denn auch vor der Tür standen mittlerweile die Reporter. Das war wie eine Belagerung, der absolute Wahnsinn. Und wir waren damit allein, in die Klinik konnte Raimund auch nicht mehr. Zu viele Journalisten, hatte sein Arzt gewarnt.

Um etwas Normales zu tun, habe ich abends angefangen, etwas zu kochen. Spargel mit Kartoffeln. Nach ein paar Minuten kam Raimund in die Küche gehetzt: »Jetzt bringen sie die Bild-Geschichte auf RTL«, rief er. Er fragte mich dann »Ist das mein Leben? Habe ich denn nie Theater gespielt und Filme gedreht?«

Wir sind dann ziemlich früh ins Bett gegangen und von dem, was in der Nacht passiert ist, habe ich nichts mitbekommen. Denn wir haben uns wie immer Ohropax in die Ohren getan. Ich habe außerdem noch ein ziemlich starkes Schmerzmittel genommen, weil mir die Bandscheibe unheimlich wehtat. Ich weiß nur noch, dass ich vor dem Einschlafen seine Hand genommen habe. Als ich dann am nächsten Morgen so gegen sechs aufgewacht bin, war der Platz neben mir leer. Leer und kalt.